Interview mit Anne Hertz



© Iris Terzka





Anne Hertz

Anne Hertz wurde 1971 in Hamburg geboren und weigert sich standhaft, die "schönste Stadt der Welt" zu verlassen. Nach ihrem Jurastudium kehrte sie der Recht und Ordnung den Rücken, schreibt seitdem Kurzgeschichten und arbeitet für diverse Zeitschriften.

Ihr Roman „Glückskekse“ wurde auf Anhieb ein großer Erfolg. Nach „Wunderkerzen“ ist inzwischen bereits ihr dritter Roman „Sternschnuppen“ erschienen.

Anne Hertz ist verheiratet und hat mittlerweile drei kleine Töchter.

Bisher erschienene Bücher:

Glückskekse (2006)
Wunderkerzen (2006)
Sternschnuppen (2007)

Autorenhomepage:   www.anne-hertz.de



2006 hast Du Deinen ersten, sehr erfolgreichen, Frauenroman „Glückskekse“ veröffentlicht. Wie kam die Idee zustande, dass Du ÜBERHAUPT gerne mal ein Buch schreiben würdest?
Ich habe eigentlich schon immer gern geschrieben, viele Jahre lang war es allerdings nur ein Hobby. Für meine kleine Schwester habe ich mir zum Beispiel Kurzgeschichten ausgedacht oder Comics für sie gezeichnet, die ich ihr dann vorgelesen habe. Nach der Schule habe ich ja dann erst einmal was „Vernünftiges“ gemacht und Jura studiert, aber so richtig hat mich der Gedanke, irgendwann ein Buch zu schreiben, nicht losgelassen. Als ich dann die Idee zu „Glückskekse“ hatte, war meine Familie davon restlos begeistert und hat mich sehr darin bestärkt, es doch einfach mal zu versuchen. Tja, und dann habe ich mich hingesetzt und angefangen, die Geschichte aufzuschreiben. Damals habe ich überhaupt nicht damit gerechnet, dass ich es wirklich schaffen würde, ein ganzes Buch zu verfassen. Und dass der Roman dann auch noch so erfolgreich wird, das war wirklich eine große Überraschung. Ursprünglich war es einfach nur als Versuch gedacht, um zu sehen, wie weit ich komme.


In Deinem Buch "Glückskekse" geht es um eine SMS, die eine Frau an eine fiktive Handy-Nummer schickt. Wie bist Du auf diese tolle Idee gekommen? Hast Du vielleicht selber auch schon mal eine SMS an irgendeine Nummer geschickt, um zu sehen, was passiert?
Also, die Idee zu „Glückskekse“ entstand tatsächlich fast genau so, wie es im Buch beschrieben ist. Wir haben mit ein paar Freundinnen Geburtstag gefeiert, eine richtige „Mädelsrunde“. Allerdings hatte niemand von uns Liebeskummer, wir haben einfach so zusammen gesessen und gequatscht. Übrigens war meine Freundin Jana Voosen („Zauberküsse“, „Venus allein zu Haus“) auch mit dabei. Und irgendwann im Verlauf des Abends haben wir dann aus Spaß mit irgendwelchen Orakel-Spielchen angefangen. Mit Karten, Gummibärchen und so, ohne dass wir da jetzt wirklich ernsthaft dran glauben würden. Was man eben so macht in einer kichernden Frauenrunde mit viel Prosecco … Ich weiß gar nicht mehr, wer genau dann die Idee mit der SMS hatte – jedenfalls habe ich irgendwann eine Frage an eine ausgedachte Handynummer geschickt. Ich glaube, es war irgendwas in der Richtung wie „Ist da draußen jemand?“. Leider bekam ich keine Antwort, aber in diesem Moment entstand bei mir die Idee zu dem Roman. Da war auf einmal dieser Titel in meinem Kopf „SMS – Safe My Soul“. So heißt dann ja am Ende des Romans auch das Buch, das Roland schreibt. Und ich fing an, darüber nachzudenken, wie eine Geschichte funktionieren könnte, in der zwei Leute sich gegenseitig dabei helfen, glücklich zu werden.


In Deiner Biografie steht, dass Du für diverse Zeitschriften arbeitest. Um welche Zeitschriften handelt es sich und worin genau besteht diese Arbeit? Kann man dort auch Kurzgeschichten von Dir lesen?
Momentan arbeite ich kaum noch journalistisch, das schaffe ich neben Familie und den Romanen nicht mehr. Aber es gibt verschiedene Anthologien, in denen Kurzgeschichten von mir sind, z. B. in „Erdbeerküsse“ (Knaur) oder „Weihnachtsküsse für freche Engel“ (Knaur).


Wie viel Zeit brauchst Du durchschnittlich von der Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung Deiner Bücher?
Im Schnitt arbeite ich ein Jahr an einem Roman, mal sind es ein paar Wochen mehr, mal ein paar weniger.


Hattest Du eine Agentur, die das Buch in dem renommierten Droemer/Knaur-Verlag untergebracht hat oder hast Du das Manuskript „auf eigene Faust“ eingereicht?
Als ich die Idee zu „Glückskekse“ hatte, habe ich erst einmal ein zehn Seiten langes Exposé und die ersten vier Kapitel geschrieben. Das habe ich dann an eine Agentur geschickt, die den Roman – bzw. das, was es davon schon gab – gut fand und den Stoff für mich angeboten hat. So bin ich dann zu Droemer Knaur gekommen.


Die Covergestaltung Deiner Bücher ist ausgesprochen gut gelungen. Hast Du Mitspracherecht bei der Realisierung?
Nein, eigentlich nicht. Der Verlag fragt mich zwar vorher, wie mir der Entwurf gefällt – aber bisher hatte ich da nie Grund zum Meckern, weil die Umschläge wirklich immer sehr schön aussehen.


In Deinem Buch „Wunderkerzen“ ist die Protagonistin Tessa Juristin. Das war auch Dein Beruf, bevor Du Dein Hobby zum Beruf gemacht hast. Beschreibst Du in Deinen Büchern auch eigene Erlebnisse?
Na ja, ich denke, dass fast jeder Autor Autobiografisches in seine Bücher mit einarbeitet. In meinem Fall sind es meist nur Kleinigkeiten, wie zum Beispiel ein bestimmtes Restaurant, in das ich selbst gern gehe oder ein Song, der mir besonders gut gefällt. Wenn ich immer nur darüber schreiben würde, was ich selbst erlebt habe, würde es mit Sicherheit schnell langweilig werden … Aber natürlich hat es bei „Wunderkerzen“ geholfen, dass ich selbst Jura studiert habe, weil ich mich dadurch mit der Materie auskannte.


Gibt es für die Darsteller in Deinen Romanen teilweise reale Vorbilder aus Deinem Familien- und Freundeskreis?
Natürlich guckt man sich bei Freunden und Bekannten bestimmte Wesenszüge oder „Macken“ ab, die man dann für eine Figur übernimmt. Menschen beobachten ist ein nicht unwichtiger Teil der Arbeit, damit die verschiedenen Charaktere am Ende auch „echt“ und „lebendig“ wirken. Wie spricht jemand? Wie bewegt er sich? Insgesamt sind die Personen in meinen Romanen aber komplett ausgedacht, da gibt es niemanden, denn ich eins zu eins aus dem wirklichen Leben übernommen hätte.


Wenn Du dabei bist, ein Buch zu schreiben, wann fällt Dir dann der Titel dazu ein? Bereits vorher, beim Schreiben oder erst ganz zum Schluss? Eine Leserin empfand die „Erklärung“ beim Buch „Sternschnuppen“ absolut süß und passend.
Da arbeite ich sehr eng mit meinem Lektor Timothy Sonderhüsken zusammen – die Titelsuche ist immer ein gemeinsames Brainstorming. „Glückskekse“ hieß ja zuerst „SMS – Safe My Soul“. Aber so richtig passend fanden wir es dann doch nicht. Und da es ja um das Thema „Suche nach dem Glück“ ging, hatte mein Lektor dann den Einfall mit den Glückskeksen. Ich finde es schon wichtig, dass der Titel auch zum Roman passt und etwas mit dem Inhalt zu tun hat. Bei „Sternschnuppen“ ist es eben der Frauenarzt, der Svenja erklärt, dass er findet, dass ein Baby auf dem Ultraschall immer wie eine kleine Sternschnuppe aussieht. Und warum „Wunderkerzen“ Wunderkerzen heißt, ist ja wohl klar … In der Regel steht der Titel dann schon von Anfang an fest, das finde ich auch ganz gut so, weil man dann beim Schreiben das Buch viel mehr vor Augen hat.


Wie schaut es bei Dir mit dem Erwartungsdruck aus? Hat man als Autor Angst, dass ein neues Buch bei den Lesern nicht ankommt? Wenn ja, wie gehst Du mit dieser Angst um?
Angst ist vielleicht zu viel gesagt, aber natürlich gibt es einen gewissen Erwartungsdruck. Ich habe ja nie damit gerechnet, dass „Glückskekse“ so erfolgreich wird. Und natürlich möchte man, dass die Romane danach ähnlich gut laufen und den Lesern gefallen. Aber wenn ich schreibe, denke ich jetzt nicht ganze Zeit darüber nach, dass ich irgendein „Soll“ erfüllen muss. Ich versuche einfach, die beste Geschichte zu schreiben, die ich schreiben kann.


Du schreibst Frauenromane. Wann wusstest Du, dass das Dein bevorzugtes Genre ist? Warum keine Thriller oder Krimis?
Ich lese selbst sehr gern Thriller oder Krimis. Aber wenn es ums Schreiben geht, liegen mir witzige Romane mit viel Situationskomik einfach mehr. Ich bin eher ein humorvoller Mensch (hoffe ich jedenfalls), daher passt das besser zu mir.


Liest Du selber auch gerne? Wenn ja, welche Richtung bevorzugst Du und wer ist Dein Lieblings-Autor bzw. Deine Lieblings-Autorin?
Klar lese ich eine ganze Menge, ich denke, es gibt wohl kaum einen Autor, der nicht gern liest. Im Bereich Krimi mag ich zum Beispiel Elizabeth George oder Ruth Rendell. Sehr unterhaltsam finde ich auch die Bücher von Kerstin Gier, Gernot Gricksch, Nick Hornby und die Bücher meiner Freundinnen Jana Voosen und Steffi von Wolff


Du bist verheiratet und hast drei Kinder. Wie bekommst Du die Familie mit Deiner Schreiberei „unter einen Hut“?
Das ist tatsächlich manchmal gar nicht ganz so einfach. Die zwei Großen gehen ja schon in den Kindergarten, da konnte ich bis zum März – da ist unsere dritte Tochter geboren – immer ganz gut bis zum frühen Nachmittag schreiben. Seit das Baby da ist, komme ich natürlich nicht mehr ganz so oft dazu, zumal ich momentan auch noch stille (und meine Nächte etwas sehr unruhig sind!!). Daher muss ich für meinen nächsten Roman etwas mehr Zeit einplanen. Obwohl - bei diesem Kind gibt es eine Premiere: Erstmals hat auch mein Mann Elternzeit genommen, damit ich mal ganz in Ruhe ein längeres Stück durchschreiben kann. Ohne Teamarbeit würde das mit den Romanen wohl nicht so gut klappen.


Und wie „tankst Du auf“ um weiterhin kreativ der Schreiberei zu frönen?
Am liebsten mache ich mit meinem Mann und meinen Kindern einen Ausflug. Am Wochenende in den Zoo oder ans Meer, neulich waren wir einen ganzen Tag im Hansapark bei Lübeck. Wenn meine kleinen Mädchen um mich herumtoben, geht’s mir einfach gut. Und natürlich treffe ich mich hin und wieder mit Freundinnen, um ein bisschen zu quatschen und zu lästern – auch dabei ist mir schon die ein oder andere Idee gekommen.


Gibt es eine bestimmte Tageszeit, in der Du am besten schreiben kannst? Und wie muss man sich Deine Schreibwut dann vorstellen? Verschanzt Du Dich abgeschottet von der Familie und vom Telefon im stillen Kämmerlein?
Da ich ja immer zusehen muss, dass die Kinder versorgt sind, arbeit ich meistens tagsüber. Oder, wenn ich dann noch Kraft habe, abends, wenn die Mäuse im Bett sind. Ich sitze dann ganz normal in meinem Arbeitszimmer am Schreibtisch, also eigentlich ziemlich unspektakulär. Nur, wenn ich ein neues Buch beginne, versuche ich, ein paar Tage irgendwohin zu fahren, wo ich meine Ruhe habe, um dort erst einmal einen Anfang zu machen. Bei „Sternschnuppen“ war ich ein paar Tage in einem Hotel in Mecklenburg-Vorpommern. Das bot sich schon allein deshalb an, weil „Sternschnuppen“ ja in einem Hotel spielt. Da konnte ich dann gut arbeiten und gleichzeitig recherchieren.


Inwiefern hat sich Dein Leben durch den Erfolg Deiner Bücher verändert?
Hm, eigentlich gar nicht. Okay, ich arbeite nicht mehr als Juristin, das ist schon ein Unterschied. Aber sonst? Mir kommt es ab und zu immer noch komisch vor, dass ich jetzt Schriftstellerin bin. An den Gedanken habe ich mich noch immer nicht so richtig gewöhnt.


Man hört, dass ein vierter Roman bereits in Arbeit ist. Darfst Du schon ein wenig verraten worum es gehen wird?
Mein vierter Roman wird im Oktober 2008 erscheinen und „Trostpflaster“ heißen. Es geht darin um zwei Leute, die eine Trennungsagentur gründen, die Menschen dabei hilft, ihre Beziehung zu beenden. Na ja, und natürlich entstehen dabei wieder viele, viele Verwicklungen …


Demnächst findet in Hamburg der Marathon statt. Bist Du sportlich aktiv, so dass man Dich vielleicht dort antreffen wird?
Ich habe drei Kinder, das ist doch wohl Sport genug ;-) Nein, mal im Ernst, den Marathon werde ich bestimmt nicht mitlaufen. Aber falls ich Zeit habe, werde ich an der Straße stehen und die Läufer anfeuern. Ansonsten fahre ich im Urlaub ganz gern Ski, früher bin ich auch viel geritten, aber dazu fehlt mir heute die Zeit. Mittlerweile besteht mein Hauptsport darin, die Kinder zum Schwimmen und zum Turnen zu fahren. Ach ja, und zur Rückbildungsgymnastik gehe ich einmal die Woche, aber das zählt wohl nicht ganz.


Wie würde Dein Traumtag aussehen, wenn Du einen Tag lang keinerlei Verpflichtungen hättest und machen dürftest, was Du willst?
Oh, da wüsste ich was: Im Moment wäre es schon der pure Luxus, einfach mal wieder eine Nacht durchzuschlafen und vor allem AUSZUSCHLAFEN. Dann ein langes, gemütliches Frühstück und dabei in Ruhe die Zeitung lesen. Und im Anschluss vielleicht ein bisschen mit Freundinnen shoppen gehen. Abends dann: Ein gutes Glas Rotwein, ein spannendes Buch und ab aufs Sofa!


Gibt es einen Kindheitstraum, den Du Dir irgendwann bereits erfüllen konntest?
Ja. Bücher schreiben.


Die Fragen wurden in Zusammenarbeit mit Kossi und den Lesern von Kossis Welt gestellt. Ich freue mich sehr, dass Du bei diesem Interview mitgemacht hast und wünsche Dir viel Erfolg bei Deinen weiteren Büchern!! Es hat mir Spaß gemacht, Dich ein wenig näher kennen lernen zu dürfen und ich freue mich auf weitere Bücher von Dir!!
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