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Fucking Berlin Fucking Berlin
von Sonia Rossi
256 Seiten - Ullstein
ISBN: 3548372643
Meine Bewertung bei Amazon:

Kurzbeschreibung lt. amazon.de:

Das autobiographische Bekenntnis zur käuflichen Liebe - und die freimütige Schilderung eines Doppellebens.

Sie lebt in Berlin, studiert Mathematik, bringt morgens ihr Kind in die Kita und trifft sich am Wochenende mit Freunden. Eine normale junge Frau - auf den ersten Blick. Denn sie hat noch einen Job: Sie verkauft ihren Körper. Und sie sieht darin auch kein Problem. Wie kommt man als harmlose Studentin ins Rotlichtmilieu? Wie ist das, wenn man sich zum ersten Mal gegen Bezahlung einem Freier hingibt? Wie erlebt man den Alltag mit den Kunden und Kolleginnen aus dem Milieu? Und wie kriegt man das überhaupt hin, ein Doppelleben zwischen bürgerlicher Existenz und Prostitution?




Meine Empfehlung:

Ein Ausflug in die Hurerei

Dachten wir vielleicht vor über 25 Jahren noch dank Christiane F., dass nur Drogensüchtige auf den Strich gehen, ist es heute natürlich schon lange kein Geheimnis mehr, dass es Frauen gibt, die ein Doppelleben führen, indem sie tagsüber ihrem Job als Mutter und Hausfrau oder einer normalen Sekretärin nachgehen, während sie sich nachts den Männern für Geld hergeben. Ich persönlich habe aber bis zu diesem Buch noch nie einen detaillierten Zugang zu diesem Milieu bekommen. Dank Sonia Rossi weiß ich nun, wie eine Frau in diese Situation kommen kann und vor allem, wie es ihr dabei geht. Und ich glaube, dass gerade in diesen Zeiten von Hartz 4 der „Abrutsch“ in dieses Milieu weiter gestreut ist, als wir denken. Denn wem der Magen knurrt, der wird sicher eines Tages ALLES dafür tun, dass Geld in die Kasse kommt.

In ihrem Roman schreibt Sonia Rossi über sich selber, über ihr Leben als brave Studentin und über den Job als Prostituierte, mit dem sie sich über Wasser hält, um das Studium finanzieren zu können. Als Sonia auf der Rückfahrt ihres Heimatortes in Italien im Zug nach Berlin Jörg kennen lernt und dieser sie nach ihrem Job fragt, antwortet sie ihm „Ich bin Hure“ und dann beginnt sie damit, ihm und natürlich auch dem Leser dieses Buches, ihre Geschichte zu erzählen.

Um Geld zu verdienen fängt Sonia mit einem Job in einem Sex-Chat an, bei dem sie sich vor Männern, die sie über eine Webcam beobachten, auszieht. Nicht weit ist der Weg dann von diesem Job zu einem Massagesalon, in der sie nackte Männer nackt massiert. Und mehr. Immer wieder plagt sie das schlechte Gewissen ihrem arbeitslosen Freund Ladja gegenüber, aber sie braucht auch weiterhin schnell verdientes Geld, um den Lebensstandard halten zu können.

Sonia Rossi beschreibt nun viele Männer, die sie in all den Jahren als Hure kennen lernt. Vom armen Studenten bis hin zum absoluten Spießer, der, was das sexuelle angeht, alles andere als spießig ist, beschreibt sie die verschiedenen Sexpraktiken, die die Männer von ihr verlangen und denen sie auch größtenteils (des Geldes wegen) zustimmt. Irgendwann heiratet sie Ladja, verliebt sich nach einiger Zeit aber in Milan, der ihre ganz große Liebe wird. Immer wieder ist sie hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen Milan gegenüber und dem schlechten Gewissen Ladja gegenüber. Und dann steht da ja noch ihr Job als Hure dem Ganzen gegenüber, der eigentlich so gar nicht in das Weltbild von Sonia passt und doch scheint ihr keine andere Wahl zu bleiben.

Ladja hat das Arbeiten nicht gerade erfunden und gibt das hart verdiente Geld von Sonia gerne aus. Das ändert sich auch nicht, als die Familienverhältnisse der beiden sich auf einmal ändern.

Sonia Rossi hat uns einen tiefen Einblick in das Milieu der Hurerei gegeben und ich fand diesen Ausflug sehr interessant. Nicht selten bekam ich meinen Mund nicht mehr zu, wenn sie von Sexpraktiken und –wünschen ihrer Freier schrieb, die bislang vollkommen an mir vorbeigezogen sind. Zudem wusste ich auch nicht, dass es Huren gibt, die zwar in einem Stammbordell arbeiten, aber ab und zu an andere Bordelle in anderen Städten „ausgeliehen“ werden können, um dort (wie es im Fachjargon heißt) auf „Dienstreise“ zu gehen.

Sehr interessant fand ich auch die teilweise eingebrachten Fußnoten, die Erklärungen zu den Hintergründen der Lokalitäten und Begebenheiten geben konnten.

Alles in allem ein sehr interessantes Buch, in welchem sich eine mir unbekannte detaillierte Art des Geldverdienens offenbarte und in der sich Sonia Rossi für mich als sehr toughe und starke Frau zeigte. Auch wenn sie finanziell gesehen ganz unten war, so hat sie dies doch nur aus einem Grund gemacht: Um zu überleben und um sich damit irgendwann einen Lebensstandard leisten zu können, der ihrem Leben angemessen sein wird. Ich wünsche der Autorin und vor allem auch ihrem Sohn auf jeden Fall ein unbeschwertes Leben ohne die Hurerei, die ihr Dasein mit Sicherheit für immer geprägt haben wird.

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